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Predigt am Sonntag Reminiszere – 12.03.2017

Gottes Gnade und Friede sei mit euch allen! Amen.

Der Predigttext aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 12): 38 Da sagten einige Schriftgelehrte und Pharisäer zu Jesus: »Meister, wir möchten ein Zeichen von dir sehen!« 39 Er aber gab ihnen zur Antwort: »Ein Zeichen verlangt diese Generation, die doch böse ist und sich von Gott abgewandt hat! Aber es wird ihr kein Zeichen gegeben werden, nur das des Propheten Jona. 40 Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des großen Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte in der Tiefe der Erde sein. 41 Im Gericht werden die Leute von Ninive gegen die heutige Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie sind auf Jonas Predigt hin umgekehrt – und hier ist einer, der mehr ist als Jona! 42 Im Gericht wird auch die Königin aus dem Süden gegen die heutige Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören – und hier ist einer, der mehr ist als Salomo!«

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.“ Sind Sie auch mit diesem Sprichwort erzogen worden? Und: stimmt es? Oder haben Sie es geschafft, nachdem Sie sicher auch irgendwann einmal gelogen haben, doch wieder auf den Weg der Wahrheit zurückzukehren? Sind Sie, obwohl Sie als Kind oder Jugendlicher oder als Erwachsener einmal gelogen haben, dennoch zu einem vertrauenswürdigen Menschen geworden, dem andere glauben, was er sagt? Dann haben Sie durch Ihr Beispiel das Sprichwort widerlegt! Herzlichen Glückwunsch! Und Sie haben damit etwas bewiesen, das für den christlichen Glauben eine zentrale Rolle spielt: Sie haben bewiesen, dass Umkehr möglich ist!

Umkehr, oder „altdeutsch“: Buße – das war schon für Johannes den Täufer der Inhalt seiner Predigt, und Jesus hat das genau so übernommen: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe herbei gekommen!“ So kann man die Botschaft von Jesus zusammenfassen – ja so wichtig, so zentral ist das Wort Umkehr. Jesus hat damit deutlich gemacht, nicht nur: dass es das gibt, Umkehr hin zu dem lebendigen Gott; sondern auch: dass diese Umkehr zu Gott notwendig ist. Weil wir sonst an der Quelle des Lebens, an unserem Schöpfer, vorbei leben.

Umkehr, das darf man ruhig anschaulich und wörtlich verstehen: Jemand fährt in die falsche Richtung; und das Navigationsgerät gibt permanent die Anweisung: „Bitte wenden!“ Und sei es auch bei 150 Sachen auf der Autobahn. So ist das gemeint, Buße, Umkehr: Dass ich mein Leben um 180 Grad wende, ihm eine neue Richtung gebe. Wer mit Gott leben will, braucht diese neue Ausrichtung auf Gott, weil wir Menschen einfach nicht von Natur aus gläubig und fromm sind. Wir versuchen von Natur aus eher, unser eigenes Leben zu leben, uns selbst „durchzuwurschteln“; wir entscheiden, was wir für richtig und falsch halten und handeln so, wie wir es für richtig finden. Gott will aber, dass wir seine Werte und seine Gebote zum Maßstab für unser Leben machen. Das erfordert Umkehr. Da muss ich das, was vorher zählte, im Licht von Gottes Wort unter Umständen ganz neu bewerten.

Vorher zählte in meinem Leben vielleicht: „Wie du mir, so ich dir!“ Als Christ gilt nach meiner Umkehr: „Ihr sollt nicht Böses mit Bösem vergelten.“ Vorher zählte in meinem Leben vielleicht: „Es war nur eine Notlüge.“ Jetzt, nach meiner Umkehr, gilt das Wort von Jesus: „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Vorher galt in einer Partnerschaft vielleicht das Motto, dass man einander so genannte „Freiheiten“ einräumt; jetzt gilt die Treue und das Wort von Jesus: „Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ Vorher zählte in meinem Leben vielleicht: Sonntag ist Familientag; nach der Umkehr kommt da noch ein neuer Aspekt dazu: „Dies ist der Tag des Herrn“. Vorher zählte in meinem Leben vielleicht: „Mit diesem Menschen habe ich abgeschlossen.“ Nach meiner Umkehr gehe ich den Weg, den Jesus gelehrt hat: „Vergebt, dann wird euch vergeben! Segnet, die euch verfluchen; tut wohl denen, die euch hassen! Liebet eure Feinde!“

Wo stehe ich? Wohin fahre ich? Es gibt kein Navigationsgerät, dass mich laufend anbrüllt: „Umkehren! Buße tun!“ Obwohl: So ein kleines, unscheinbares Navi für’s Leben hat Gott auch in unserer Seele eingebaut. Es nennt sich „Gewissen“. Das regt sich ab und an mal. Aber wie bei einem Navigationsgerät: Wenn man nur lang genug in die falsche Richtung fährt, findet sich das Ding irgendwann damit ab und berechnet eine neue Route und hört auf zu meckern. Auch unser Gewissen findet sich irgendwann mit neuen Werten ab – und schweigt.

Kommt darauf an, womit wir es „füttern“. Die Bibel, Gottes Wort, wird uns prägen, wird unser Gewissen, unser Verhalten, unser Denken, Reden und Tun prägen, je mehr wir uns mit ihr auseinandersetzen. Die Worte Jesu können unser Leben nur dann prägen, wenn wir sie kennen und uns immer wieder damit auseinandersetzen. Heute zum Beispiel, in der Kirche. Und dann zuhause, bei Ihrem persönlichen Bibellesen und im Gebet. „Füttern“ Sie Ihr Wertesystem, Ihr Gewissen mit den guten Werten der Bibel, mit den Werten, die Gott wichtig sind! Dann werden Sie auch den Weg Gottes finden und erkennen, wo Sie Umkehr benötigen.

Die Leute, die damals mit Jesus redeten, die meinten, keine Umkehr nötig zu haben. Sie gehörten ja zum Volk Gottes, waren ja registrierte „Kirchenmitglieder“, alles in Butter geistlich gesehen. Jesus sagt: Nein – auch ihr Frommen braucht die Umkehr! Wenn Gott die Menschen richten wird, dann werden die Leute von Ninive kommen und werden euch bescheinigen, dass euch eins fehlt: Umkehr! Ihr haltet euch für religiös, aber ihr seid nicht umgekehrt. Das haben die Leute von Ninive euch voraus: Die waren echt ganz schön in die Irre gegangen, ziemlich gottlos und auch moralisch ganz weit unten. Aber eins haben die geschafft: Als der Jona kam, der, der drei Tage in dem Fisch gehockt hatte, der, der selber lernen musste, was Umkehr ist, weil er nicht nach dem sündigen Ninive wollte, sondern in die entgegengesetzte Richtung ein Kreuzfahrtschiff nach Spanien genommen hatte, als dieser Jona kam, da hörten sie auf ihn und haben Buße getan. Sie haben ihr Leben geändert, sie haben sich Gott zugewendet, sie haben angefangen zu beten. Darum sind ihre alten Geschichten vergeben und vergessen bei Gott, die gibt es nicht mehr. Sie sind neue Menschen geworden. Das geht!

Diese Leute von Ninive werden also, sagt Jesus, einmal den so genannten Gläubigen, den so genannten Frommen, den so genannten Kirchenmitgliedern bescheinigen, dass das Entscheidende in ihrem Leben gefehlt hat: Umkehr.

Und die sagenumwobene Königin von Saba, sie wird kommen, und sie wird den Menschen sagen: Warum habt ihr auf Jesus nicht gehört? Hätte ich etwas Vergleichbares zu meiner Zeit, 1000 Jahre vor Christus, erleben können, ich wäre bis ans Ende der Welt gereist, um Jesus zu begegnen! – Zu ihrer Zeit war König Salomo in Israel die Verkörperung der Weisheit und des Glaubens. Zu dem ist sie gereist, aus dem heutigen Jemen; das dürften so ca. 2.000 km sein. Offenbar scheint die Umkehr zu Jesus wesentlich aufwendiger zu sein als 2.000 km hin und 2.000 km zurück, und das ohne Flugzeug und Auto und Bahn! Sind wir eventuell zu bequem, umzukehren zu Jesus? Oder wissen wir nicht genug darüber? Informieren könnten wir uns ja. Heute zum Beispiel tun wir das.

Vielleicht liegt es daran, dass wir Angst haben, die Umkehr könnte uns zu viel kosten. Angst haben, gewohnte Wege zu verlassen. Angst vor dem Neuland. Angst davor: Was werden die anderen sagen, wenn ich auf einmal anders handle, anders lebe, und wenn ich noch dazu bete und in die Kirche gehe? Die Königin von Saba würde jedenfalls sagen: So weit und so beschwerlich der Weg auch sein mag – zu Jesus umzukehren, das lohnt sich, das ist jeder Mühe wert, das ist lebensentscheidend!

Umkehr – das heißt: dem Leben eine neue Richtung geben.

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!“ Nein, das stimmt nicht. Das darf nicht stimmen! Genau so, wie wir unseren Kindern natürlich glauben, selbst wenn sie uns einmal angelogen haben, genau so, wie wir ihnen natürlich glauben, weil wir wollen, dass sie zu vertrauenswürdigen Menschen werden, genau so gewährt Gott uns einen neuen Anfang. Und das nicht nur einmal! Und ich bin froh, dass das so ist. Ich brauche die Umkehr. Ich bin Pfarrer und kein Engel. Wir sind Menschen. Wir machen Fehler, wir werden schuldig, wir machen auch schwere Fehler, so sind wir. Aber ich glaube an einen Gott, der sich die Vergebung nicht weniger hat kosten lassen als das Leben seines geliebten Sohnes Jesus Christus. Der hat den Kopf dafür hingehalten, der ist gerade gestanden für die Dinge, für die wir uns schämen und für die uns andere, wenn sie es nur wüssten, in der Luft verreißen würden. Ich glaube an einen Gott, der unsere Umkehr will und der uns Umkehr schenkt.

Die Passions- und Fastenzeit ist eine Zeit der Buße, der Umkehr zu Jesus Christus. Nehmen Sie das mit in die kommenden Tage und Wochen: Wo habe ich selbst Umkehr nötig? Wo lebe ich nach den Maßstäben und Werten dieser Welt und sollte eigentlich nach Gottes Maßstäben leben? Wo lege ich andere auf ihre einmaligen oder meinetwegen auch häufigeren „Vergehen“ fest, anstatt ihnen einen neuen Anfang, eine Umkehr zu gewähren? Wo halte ich Menschen immer wieder die alten Geschichten vor, anstatt zu vergeben und Umkehr möglich werden zu lassen?

Gott, hilf uns von falschen Wegen umzukehren.
Hilf uns, alte Gedanken abzulegen.
Stärke uns für den neuen Weg.
Gib uns gute Gedanken und Ziele,
für die es sich zu leben und sich einzusetzen lohnt.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

© Pfarrer Henner Eurich, Heidelbach