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Predigt am Ostermontag – 17. April 2017

Gottes Gnade und Friede sei mit euch allen! Amen.

Der Predigttext aus Johannes 20: 1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass der Stein vom Grab weg war. 2 Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. 3 Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus und sie kamen zum Grab. 4 Es liefen aber die zwei miteinander und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab, 5 schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein. 6 Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen, 7 aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort. 8 Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte. 9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, dass er von den Toten auferstehen müsste. 10 Da gingen die Jünger wieder heim.

Der Wettlauf zum Grab Jesu – eine eher unbekannte Ostergeschichte. Oder haben Sie sie schon gekannt? Petrus und der Lieblingsjünger, Johannes, laufen um die Wette zum Grab Jesu. Geradezu umständlich wird beschrieben, wie zuerst Johannes am Grab ankommt, hineinschaut, aber nicht hineingeht. Jetzt holt Petrus ihn ein, und er geht hinein in das Grab. Dann erst kommt auch Johannes hinein in die Grabeshöhle und findet zum Glauben an den Auferstandenen.

Wir erfahren zwar relativ wenig von Jesus und der Auferstehung, aber wir erfahren in dieser Geschichte viel über die Motive und über den Weg, wie Menschen zum Glauben an die Auferstehung Jesu finden.

Das erste ist: Neugier. Die beiden sind einfach neugierig. Sie wollen wissen, was dran ist an dem, was Maria Magdalena erzählte, dass das Grab leer sei. Bei Petrus besiegt die Neugier sogar die Furcht: drei Tage vorher hatte er noch geleugnet, Jesus zu kennen, aus Furcht vor Verfolgung. Jetzt lässt er alles hinter sich und rennt zum Ort des Geschehens. Er will es ganz genau wissen. Darum reicht es ihm auch nicht zur Grabeshöhle hinzulaufen; er muss auch noch hineingehen in die Höhle. Dass die beiden sich dabei in höchstem Maße verdächtig machen, Grabräuber zu sein, haben sie in diesem Moment offenbar völlig ausgeblendet. Ein leeres Grab und die Behauptung der Auferstehung Jesu – war doch klar, dass da der Verdacht zuerst auf die Jünger fallen würde! Erst klauen sie den Leichnam Jesu, und dann behaupten sie, er sei auferstanden – so dachten viele. Petrus und Johannes tappen sozusagen genau in die Falle, indem sie sich an den „Tatort“ begeben.

Ich denke, dass es ihre ausgeprägte Neugierde war, die sie alle Furcht und alle Bedenken beiseite schieben ließ. In der Tat ist Neugierde, Wissen wollen ein starkes Motiv bei manchen Menschen, die zum Glauben an Jesus kommen. Es stimmt nicht, dass Glauben und Wissen Gegensätze sind. Im Gegenteil: Glaubende Menschen sollten ihre fünf Sinne wach gebrauchen und den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes bedienen.

Ich kann das nur jedem empfehlen: Werden Sie neugierig auf Jesus! Machen Sie die Probe auf’s Exempel! Nur wenn Sie ehrlich wissen wollen, was es mit Jesus auf sich hat, werden Sie die Wahrheit herausfinden. Mit Jesus kann man sich nicht nur oberflächlich befassen. Da muss man schon neugierig sein und es genau wissen wollen. Dann wird man aber auch nicht enttäuscht. Und je mehr man eindringt in seine Worte, in seine Taten und auch in die Berichte von seiner Auferstehung, desto mehr kommt man zu der Überzeugung: Es ist wahr – er ist wahrhaftig auferstanden.

Von dem Historiker Jürgen Spieß gab es vor etlichen Jahren ein kleines Büchlein mit dem Titel „Jesus für Skeptiker“. Das hat er für Studenten geschrieben und für andere neugierige und dabei auch skeptische Menschen. Er legt darin auseinander, dass die Berichte von der Auferstehung Jesu aus historischer Sicht alles andere als unglaubwürdig seien, sondern kommt zu dem Schluss, dass die Auferstehung Jesu als das best bezeugte Ereignis der antiken Geschichte gelten darf. Man muss nur neugierig drauf sein, Fragen stellen, zum Beispiel dem Pfarrer, genau die Bibel lesen und die Fachleute konsultieren – und dann gibt es auch Antworten. Also, ganz wichtig für den Glauben: eine gesunde Neugierde auf Jesus!

Das zweite Motiv ist: Achtsamkeit. Petrus entdeckt etwas, was Johannes beim ersten flüchtigen Blick entgangen ist. Da liegt doch das Schweißtuch, das sie Jesus um den Kopf gewickelt hatten, fein säuberlich zusammengelegt in der Ecke. Das ist eine sehr wichtige Beobachtung. Denn daraus ergibt sich ganz logisch, dass der Leichnam Jesu nicht gestohlen wurde; welcher Räuber würde sich schon die Mühe machen, den Tatort auch noch fein säuberlich aufzuräumen? Wenn bei Ihnen schon mal eingebrochen wurde, wissen Sie, wovon ich rede: alles durchwühlt, schrecklich. Aber hier: ein exakt zusammengelegtes Stück Stoff. Petrus achtet darauf, auf diese kleinen Signale. Auch wenn er hier noch nicht zum Glauben findet, eines steht für ihn jetzt fest: Mit rechten Dingen geht es hier nicht zu – das ist kein gewöhnlicher Grabraub, hier ist was anderes geschehen!

Achtsam sein – das ist wichtig für den Glauben! Warum haben heute so viele Leute Probleme mit Kirche, Gott, Glaube? Unter anderem deshalb, weil sie nicht achtsam genug hinschauen. Mit der Bibel sind die meisten schon fertig, bevor sie das erste Kapitel zu Ende gelesen haben. Lies die doch erst mal durch, und dann erlaube dir ein Urteil! Du wirst Überraschungen erleben! Denn die Bibel ist kein Märchenbuch, sondern ein Klasse Lebensbuch. Wer die Berichte im Neuen Testament aufmerksam liest, der merkt zum Beispiel, dass der Paulus da über 500 Augenzeugen für die Auferstehung Jesu benennt, „von denen einige noch leben,“ wie er schreibt. Das heißt, wenn wir achtsam lesen: Das, was Paulus da behauptete, war durch einfache Nachfrage zu überprüfen! Der war kein Märchenonkel, sondern der hatte wirklich eine Begegnung mit Jesus erlebt. Überhaupt: die Biografie von Paulus ist schon für sich ein starkes Argument für den Glauben an die Auferstehung, wenn man sie achtsam zur Kenntnis nimmt: Der hatte doch zuvor die Christen verfolgt und den Glauben an die Auferstehung Jesu abgelehnt. Wie kommt so einer dazu, eine 180 Grad-Wende zu machen, und warum um Himmels Willen ist der sogar bereit, für die Botschaft von Jesus zu sterben, wie übrigens fast alle Zeugen der Auferstehung? Starben die alle für ein Märchen? Ich glaube das nicht. Wer achtsam liest und achtsam durchs Leben geht, kann den Glauben finden. Aber das geht eben nicht so mal eben nebenbei; da muss man schon seine ganze Person mit Verstand, Seele, Zeit und Energie einsetzen!

Das dritte Motiv schließlich: die Gemeinschaft. Sie brauchen zum Glauben auch die anderen! Es sieht ja erst mal aus wie Konkurrenz am leeren Grab: Wer ist der erste Zeuge der Auferstehung: Petrus oder Johannes? Unterm Strich aber finden die beiden nur gemeinsam raus, was einer alleine nie herausgefunden hätte. Johannes war nicht neugierig genug, blieb zunächst draußen stehen, und verpasste dadurch ein wichtiges Detail. zum Glück war Petrus zur Stelle, stürmte vor und fand das zusammengelegte Taschentuch. Der aber wiederum kriegte die Kurve nicht, was das alles nun bedeuten sollte. Und hier setzt Johannes wieder ein: Er findet zum Glauben. Er sah und glaubte, sagt das Evangelium. Er sah nichts anderes als das, was Petrus auch sah – aber er fand hier schon zum Glauben, Petrus brauchte noch Zeit, während für Johannes klar war: Hier hat Gott gehandelt!

Wie wichtig ist das, mit anderen gemeinsam zu glauben und die Lebenserfahrungen auszutauschen! Weil man sich ergänzt; weil man einander helfen und beraten kann; weil man auch Korrektur erfährt; weil man einander ermutigt und stützt. Am leeren Grab Jesu: keine Konkurrenz, sondern ein Miteinander zweier Osterzeugen, die in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit miteinander den Weg zum Glauben an Jesus gefunden haben.

Neugierde, Achtsamkeit und Gemeinschaft. So finden bis heute Menschen zum Glauben an den Auferstandenen.

Warum ist unser Glaube oft so schwach? Weil wir nicht neugierig genug sind. Weil wir nicht unsere geistlichen Fragen stellen und die anderen löchern damit, weil wir die Bibel nicht mehr intensiv lesen und nicht mehr ausdauernd beten. Wir sind nicht neugierig genug.

Wir sind auch nicht achtsam genug. Wir leben viel zu schnell und nehmen die kleinen, aber wichtigen Begebenheiten in unserem Alltag nicht mehr wahr, durch die Gott uns bisweilen wichtige Fingerzeige geben will.

Und es fehlt uns an echter geistlicher Gemeinschaft. Die Zeit vor einem Gottesdienst und nach einem Gottesdienst ist wunderbar dafür geschaffen, mit anderen Menschen über Glaubensfragen ins Gespräch zu kommen! Da treffen Sie gleich Gesinnte! Es geht auch viel Kraft für unseren Glauben davon aus, wenn wir die Gemeinschaft mit anderen Christen regelmäßig suchen. „Einsam bist du klein,“ heißt es in einem neueren Kirchenlied. Aber gemeinsam werden wir Zeugen des Lebendigen sein!

Da gingen die Jünger wieder heim - so endet dieses seltsame Osterevangelium. Zurück in ihren Alltag, ihr „normales Leben“. Sie wussten: Da werden wir Jesus begegnen, denn so hat er selbst es ja versprochen. So gehen auch wir, wenn die Kirche aus ist, wieder nach Hause. Aber nicht ins geistliche Niemandsland, sondern dort in unserem Alltag sollen wir mit unserem Herrn leben, in der lebendigen Gemeinschaft mit ihm; da wird sich der Glaube bewähren; da werden wir erfahren, dass er lebt und uns begleitet an jedem Tag.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

© Pfarrer Henner Eurich, Heidelbach